Darf eine Modellbahn wirklich niemals fertig werden?

Seit ich im erwachsenen Alter das Hobby für mich (wieder) entdeckte, habe ich schon mehrere Anlagen, zunächst in H0 (1:87) gebaut. Und stets gab es gute Gründe diese spätestens nach ihrer Fertigstellung wieder abzureissen. Einige hatten mit Umzügen zu tun; dies sei entschuldigt.

Meine ersten Anlagen Niederauen-Thal I und II hatten bayerische Lokalbahn der Länderbahnzeit, also vor 1920 zum Thema. ich war einigermaßen stolz, dass sie Veröffentlichung im Eisenbahn-Journal fanden. Eine weitere Anlage wurde im Bau begonnen, da kamen aber andere familiäre Pläne dazwischen.

Seit wir 1997 in unser eigenes Haus zogen, habe ich auf dem selben Platz (ein etwas über 15qm großer Kellerraum) auch schon wieder dreieinhalb Anlagen gebaut - die erste H0-Anlage habe ich bereits im Rohbau wieder kassiert, die zählt höchstens halb. Danach kam eine doppelstöckige H0-Anlage nach Vorbild der OHE ('die Heidebahn'); eine moderne Privatbahn also, auf der fallweise auch mal ein Museumszug mit einer Reko-50er dampfen durfte. 

 

Die Entscheidung die ausgetretenen H0-Pfade endgültig zu verlassen und mich wenig später in der Szene zu "outen" (durch die Foren und meine Internetseite) veränderte mein Hobbyleben vollständig. Ich traf viele interessante Menschen , lernte und lerne immer noch von ihnen.
Hierzu gehört vor allem meine Freundschaft zu Otto Kurbjuweit und das Mitwirken an seiner Braunlage-Andreasberger-Eisenbahn - ebenfalls im Maßstab 1:45 aber in Meterspur.


In den letzten Ausgaben von Ottos Zeitschrift 'Mittelpuffer' (das Magazin mit Kultstatus in der Schmalspurszene!) führte ich einen freundschaftlichen Disput mit dem großen Meister zum Thema "Anlagen abreißen". Otto beklagte die weit verbreitete Mentalität eine gerade erst ausgestaltete Anlage zugunsten einer neuen, (vermeintlich?) noch besseren wieder aufzugeben ("Habt Ihr Eure Anlagen nicht mehr lieb?"). Und er bat mich dazu Stellung zu beziehen. Au weia - hatte ich doch gerade meine gute und gar nicht so alte StE demontiert. Erwischt!


Warum hatte ich sie nicht mehr lieb?
Nun, zunächst zeigten sich einige Planungsfehler, insbesondere im Bereich des Endbahnhofs 'Noorhaven'. Zugegeben, die hätten sich mit etwas gutem Willen auch wieder beseitigen lassen.
Dann wurde ich gewahr, dass meine 'free-Lenz'-Bahn wieder das Virus der Beliebigkeit in sich trug. Wenn ich schon eine private Privatbahn betreibe, was sollte mich hindern mir alles anschaffen zu wollen/'müssen', was auch nur halbwegs gefällt? Und wenn es eine two-truck Shay im norddeutschen Tiefland ist. Dies mag für einige Kollegen mit größerer Selbstdisziplin u./o. Einkommen durchaus angehen, für mich als Modellbahn-Junkie ist das gefährlich!
Und schließlich war es so, dass mir meine Schlei-Variation etwas zu bunt und plakativ erschien. Wenngleich auch keine Almhütte darin vorkam, so waren die Hochbauten doch einigermaßen wild gemischt und ich konnte im Hümmlinger Schuppen einfach nichts anderes als immer wieder den Hümmling sehen.

 

Ich wollte ein stimmigeres Ganzes, etwas das sich näher an Vorbildern orientiert (bzw. an dem Bild, dass wir Nachgeborenen uns vom Vorbild machen).
Daraus erwuchs eine Leidenschaft für jene 750mm-Bahnen an den Küsten Mecklenburg-Vorpommerns, die nahezu alle durch das Bauunternehmen Lenz geplant, erbaut und betrieben wurden und somit große verwandtschaftliche Ähnlichkeiten hatten. Einige sehr schöne Bildbände über diese Bahnen erleichtern es im Nachbau dieser speziellen Atmosphäre recht nahe zu kommen. Ich glaube, dass mir dies gelungen ist und ich habe bis heute eine große anhaltende Freude an meinem Werk ('die Neue: nach Norden und dann rechts').

 

Aber wer weiß was das Modellbahnerleben noch für Überraschungen bereit hält...