Moderne Privatbahn - die letzte Halbnullige...

Meine letzte Modellbahn in 1:87 entstand damals schon im eigenem Haus an jenem Ort, an der dann auch später meine 0e-Aktivitäten ihren Lauf nehmen sollten. Nach einem halbherzigen Versuch zunächst einen alten Entwurf von Stefan Carstens aus Bahn&Modell zu verwirklichen (nämlich den Bahnhof Traben-Trarbach), den ich aber schon im Rohbau wieder 'kassierte', plante ich eine moderne Privatbahn aufzubauen. Als Vorbild standen die Osthannoverschen Eisenbahnen Pate; und da hatte es mir vor allem der Bahnhof Lüneburg Süd angetan. Dieser wurde dann Betriebsmittelpunkt meiner H0-Anlage, die nicht nur vom Thema her etwas nicht Alltägliches war.

Ich baute die Anlage doppelstöckig auf zwei Ebenen, was hierzulande immer noch eine ungewöhnliche Anlagenform ist.

Der Gleisplan von Lüneburg-Süd konnte relativ vorbildgetreu übernommen werden, lediglich das BW wurde deutlich verkleinert. Der Clou: das Verbindungsgleis zur DB lief hinter der vorgezogenen Kulisse; die Einfahrt (oberhalb des Stellwerks zu erkennen) war recht geschickt durch Bäume und eine Fußgängerbrücke getarnt. Dieses Gleis lief hinter der zu Wartungszwecken abnehmbar gestalteten Mitttelkulisse in einen offenen Abstellbahnhof (Lüneburg DB) oberhalb des Schreib-/Werktisches.

 

Der gegenüber liegende Anlagenschenkel ist hingegen frei erfunden; hier war der Anschluss zum Hafen Lüneburg (sah im Original nicht nur ganz anders aus, lag auch an völlig anderer Stelle!) dargestellt mit Ölverladung, Zementwerk, Schrotthändler, Schotterladestelle. Das Streckengleis tauchte hinter der Industrie und einer Brückenbaustelle dezent ab und lief dann in eine Gleiswendel auf die untere Etage.


Der Rest ist schnell erzählt: ich hatte hier ein Stück Strecke mit dem fiktiven HP 'Netzlow-Rebbow' dargestellt, danach ging es in den offenen Abstellbahnhof 'Soltau'. Die Kulissendurchfahrten wurden an einer Seite durch ein niedersächsisches Bauernhaus getarnt, auf der anderen Seite durch eine Holzbrücke.

Ich habe mich bei der Gestaltung der gesamten Anlage sehr bemüht den Charakter der norddeutschen Tiefebene glaubwürdig rüber zu bringen. Entsprechend die Gebäudeauswahl: neben ein paar Kibri-Häusern und wurde ich v.a. bei Revell/Heljan fündig. Das Verwaltungsgebäude der OHE in Lüneburg-Süd am Ende des ehemaligen Bahnsteigs (zu dem hier dargestellten Zeitpunkt war der Personenverkehr schon zum DB-Bahnhof verlegt worden) wurde von dem Zollamt meiner Nachbargemeinde Bünde übernommen. V.a. im Bereich der Mittelkulisse habe ich auch einiges 'gekitbasht': hier verlief noch ein Gleis zur Maschinenfabrik, die aus Teilen von Polabausätzen und einigen Papierkulissen entstand, außerdem wurde eine Getreidemühle (Walthers) bedient.


Ich hatte zu dem Zeitpunkt ein ausgesprochenes Faible für moderne Güterwagen; als Zugloks kamen einige Privatbahndiesel zum Einsatz, die ich eigentlich alle irgendwann mal farblich anpassen wollte. Da gab es die G2000 von Vossloh, eine Reichsbahn V100, eine MaK-Lok und, und, und (es war damals finanziell noch etwas einfacher sich alles mögliche 'wild' zusammen zu kaufen). Und damit es auch mal dampft hatte ich kurzerhand einen Museumszug mit einer DR 50er und alten Eilzugwagen zusammengestellt.


Eigentlich war die ganze Herrlichkeit schon in der Planung sehr betriebsintensiv angelegt; das einzige was mir fehlte, war das Know-how dazu. Außerdem hatte ich mich zuletzt von einer unscheinbaren Nischenzeitschrift mit dem programmatischen Titel 'Mittelpuffer', die ich durch Zufall im Bielefelder Bahnhofskiosk entdeckte, in eine völlig andere Richtung bewegen lassen. Ich hatte mich halt in eine Andere verliebt...


Ich möchte mich an dieser Stelle bei meinem Freund Rainer für das Digitalisieren meiner alten Dias bedanken. Dass die Qualität der Bilder eher suboptimal ist, liegt nicht in seiner, sondern alleine in der Verantwortung des Fotografen (auch da sind seit damals zum Glück Entwicklungen erkennbar).